_Elisabeth Dorothe Lahusen
_Sehr geehrter Herr Professor Herzog,
Meine Großmutter Ida Lahusen hat man nicht nach ihrem Glauben gefragt, als man sie deportierte- auch mein Vater war im Lager- ein Bruder meiner Mutter hat eine jüdische Frau, auch ihre Tante hatte einen Juden geheiratet und war mit ihm und ihrem älteren Sohn nach Bergen Belsen deportiert worden- Freunde hatten das jüngere Kind in Lyon versteckt- Claus oder Claude, wie er sich nannte, konnte auch als Erwachsener keinen Zug ansehen, ohne zu zittern… Mein Verwandter, der Komponist Christian Lahusen, war mit einer Frau aus einer jüdischen Familie verheiratet: Evangelische Christen jüdischer Herkunft- wie so viele. „ Wir glauben Gott im höchsten Thron“ ist mehr als nur ein Liedtext für uns.
Uns Judenchristen in Deutschland eint auch in dieser Zeit wieder eine große Angst mit unseren gläubigen jüdischen Brüdern und Schwestern: Wie stellt sich die Kirche diesmal zum jüdischen Volk? Wird Israel von der Kirche allein gelassen, wenn seine Feinde es zum Sündenbock machen? Zur Zeit wird eine bevorstehende Preisverleihung für Dr. Mitri Raheb durch Sie, verehrter Professor Herzog diskutiert. Mich ließ es aufmerken, als ich gestern in einem bekannten Internetblog den offenen Brief eines Militärseelsorgers an Sie las. Ich möchte diesen Brief und zwei weitere, die mir Freunde zuschickten, im Wortlaut einfügen und möchte Sie als Mitchristen bitten, diese Briefe auch vor dem Hintergrund der Fragen zu lesen, die mich umtreiben, seitdem ich zum ersten Mal las, wie viel Gewicht man Dr. Rahebs Stimme hierzulande beimisst: Wird unseren Enkeln später auch die judenreine Version des Evangeliums erzählt, die in Rahebs verquerer Umdeutung der Bibel propagiert wird? Werden wir Judenchristen und unsere Kinder uns noch heimisch fühlen können in deutschen Kirchen, oder wird der Zaun, den Israel errichten musste, um sich vor Selbstmordattentätern zu schützen, zur Mauer, die uns trennt, weil das jüdische Leben wieder einmal nichts wert ist und man den Alten Bund vergisst?
Ich habe Ihre Stimme im politischen Diskurs immer sehr geschätzt. Deshalb kann ich kaum glauben, dass Ihnen bekannt ist, in welcher Weise Dr. Raheb in die Öffentlichkeit tritt und wie sehr sein Auftreten in vielerlei Hinsicht die Menschen polarisiert und verstört.
Dr. Raheb verdient wohl mehr, als je ein normaler deutscher Gemeindepfarrer auf seinem Konto gesehen hat. Laut englischem Wikipedia ist er einer der größten palästinensischen Arbeitgeber in der Region von Bethlehem. So hat er nicht nur das Dar Al-Kalima Health & Wellness Center mitsamt Swimmingpool gegründet, sondern auch das Abu Gubran Guest House (Hotel), das Bethlehem Media Center (Diyar Media Productions), das Il’illiyeh Restaurant & al-Kuz Coffee shop, die Al-Kahf Gallery und das Arts and Crafts Center. Wenn so jemand hierzulande in Vorträgen von der Armut unter seinen Landsleuten spricht, dann wirkt das, mit Verlaub, etwas seltsam. Aber das nur am Rande. Die theologische und politische Dimension seiner Kampagnen ist viel gravierender. Er wird deshalb auch in Jerusalem sehr kritisch gesehen.
Dazu ein Artikel von Malcolm Lowe. Lowe ist Jahrgang 1939. Seit 1970 lebt Malcolm Lowe in Jerusalem. Von 1970 bis 1974 und von 1976 bis 1980 war er als Lehrbeauftragter und Herausgeber an der Hebräischen Universität Jerusalem tätig. In der Zeit von 1980 bis 1992 war er Mitglied des Shalom Hartman Institute for Advanced Judaic Studies. Auf Einladung von Prof. David Flusser lehrte er 1985/86 Neues Testament an der Hebräischen Universität Jerusalem (auf Hebräisch). Auch am Christlichen Ratisbonne Zentrum für Jüdische Studien lehrte er Neues Testament von 1988 bis 1996. Schwerpunkt: „Die Einstellung zu den Juden und zum Judentum im Neuen Testament“. Gegenwärtig lehrt Malcolm Lowe griechisch-römische Philosophie an der University of the Holy Land. Er ist Herausgeber verschiedener Bücher und regelmäßiger Teilnehmer an zahlreichen Medienprojekten. Dies nur vorab.
Hier Lowes Kritikpunkte:
http://nmen.org/former-german-president-to-praise-anti-israel-theologian/
Ich möchte mich Ihnen in keiner Weise aufdrängen, Herr Professor Herzog, aber man hört ja heutzutage manchmal auch, dass durch irgendwelche dummen Zufälle Mails ihren Adressaten gar nicht erreichen. Und so frug ich mich: Wie würde sich Professor Herzog fühlen, wenn er die Laudatio auf Mitri Raheb hält und anschließend erst erfährt, dass es große Bedenken dagegen gab? Ihr Wort hat großes Gewicht. Sie würden mir eine Last von der Seele nehmen, wenn ich sicher erfahren könnte, dass Sie wirklich all diese Briefe auch bekommen haben und sich der Angelegenheit annehmen.
Mit größter Hochachtung,
Ihre Elisabeth Dorothe Lahusen
Meine Großmutter Ida Lahusen hat man nicht nach ihrem Glauben gefragt, als man sie deportierte- auch mein Vater war im Lager- ein Bruder meiner Mutter hat eine jüdische Frau, auch ihre Tante hatte einen Juden geheiratet und war mit ihm und ihrem älteren Sohn nach Bergen Belsen deportiert worden- Freunde hatten das jüngere Kind in Lyon versteckt- Claus oder Claude, wie er sich nannte, konnte auch als Erwachsener keinen Zug ansehen, ohne zu zittern… Mein Verwandter, der Komponist Christian Lahusen, war mit einer Frau aus einer jüdischen Familie verheiratet: Evangelische Christen jüdischer Herkunft- wie so viele. „ Wir glauben Gott im höchsten Thron“ ist mehr als nur ein Liedtext für uns.
Uns Judenchristen in Deutschland eint auch in dieser Zeit wieder eine große Angst mit unseren gläubigen jüdischen Brüdern und Schwestern: Wie stellt sich die Kirche diesmal zum jüdischen Volk? Wird Israel von der Kirche allein gelassen, wenn seine Feinde es zum Sündenbock machen? Zur Zeit wird eine bevorstehende Preisverleihung für Dr. Mitri Raheb durch Sie, verehrter Professor Herzog diskutiert. Mich ließ es aufmerken, als ich gestern in einem bekannten Internetblog den offenen Brief eines Militärseelsorgers an Sie las. Ich möchte diesen Brief und zwei weitere, die mir Freunde zuschickten, im Wortlaut einfügen und möchte Sie als Mitchristen bitten, diese Briefe auch vor dem Hintergrund der Fragen zu lesen, die mich umtreiben, seitdem ich zum ersten Mal las, wie viel Gewicht man Dr. Rahebs Stimme hierzulande beimisst: Wird unseren Enkeln später auch die judenreine Version des Evangeliums erzählt, die in Rahebs verquerer Umdeutung der Bibel propagiert wird? Werden wir Judenchristen und unsere Kinder uns noch heimisch fühlen können in deutschen Kirchen, oder wird der Zaun, den Israel errichten musste, um sich vor Selbstmordattentätern zu schützen, zur Mauer, die uns trennt, weil das jüdische Leben wieder einmal nichts wert ist und man den Alten Bund vergisst?
Ich habe Ihre Stimme im politischen Diskurs immer sehr geschätzt. Deshalb kann ich kaum glauben, dass Ihnen bekannt ist, in welcher Weise Dr. Raheb in die Öffentlichkeit tritt und wie sehr sein Auftreten in vielerlei Hinsicht die Menschen polarisiert und verstört.
Dr. Raheb verdient wohl mehr, als je ein normaler deutscher Gemeindepfarrer auf seinem Konto gesehen hat. Laut englischem Wikipedia ist er einer der größten palästinensischen Arbeitgeber in der Region von Bethlehem. So hat er nicht nur das Dar Al-Kalima Health & Wellness Center mitsamt Swimmingpool gegründet, sondern auch das Abu Gubran Guest House (Hotel), das Bethlehem Media Center (Diyar Media Productions), das Il’illiyeh Restaurant & al-Kuz Coffee shop, die Al-Kahf Gallery und das Arts and Crafts Center. Wenn so jemand hierzulande in Vorträgen von der Armut unter seinen Landsleuten spricht, dann wirkt das, mit Verlaub, etwas seltsam. Aber das nur am Rande. Die theologische und politische Dimension seiner Kampagnen ist viel gravierender. Er wird deshalb auch in Jerusalem sehr kritisch gesehen.
Dazu ein Artikel von Malcolm Lowe. Lowe ist Jahrgang 1939. Seit 1970 lebt Malcolm Lowe in Jerusalem. Von 1970 bis 1974 und von 1976 bis 1980 war er als Lehrbeauftragter und Herausgeber an der Hebräischen Universität Jerusalem tätig. In der Zeit von 1980 bis 1992 war er Mitglied des Shalom Hartman Institute for Advanced Judaic Studies. Auf Einladung von Prof. David Flusser lehrte er 1985/86 Neues Testament an der Hebräischen Universität Jerusalem (auf Hebräisch). Auch am Christlichen Ratisbonne Zentrum für Jüdische Studien lehrte er Neues Testament von 1988 bis 1996. Schwerpunkt: „Die Einstellung zu den Juden und zum Judentum im Neuen Testament“. Gegenwärtig lehrt Malcolm Lowe griechisch-römische Philosophie an der University of the Holy Land. Er ist Herausgeber verschiedener Bücher und regelmäßiger Teilnehmer an zahlreichen Medienprojekten. Dies nur vorab.
Hier Lowes Kritikpunkte:
http://nmen.org/former-german-president-to-praise-anti-israel-theologian/
Ich möchte mich Ihnen in keiner Weise aufdrängen, Herr Professor Herzog, aber man hört ja heutzutage manchmal auch, dass durch irgendwelche dummen Zufälle Mails ihren Adressaten gar nicht erreichen. Und so frug ich mich: Wie würde sich Professor Herzog fühlen, wenn er die Laudatio auf Mitri Raheb hält und anschließend erst erfährt, dass es große Bedenken dagegen gab? Ihr Wort hat großes Gewicht. Sie würden mir eine Last von der Seele nehmen, wenn ich sicher erfahren könnte, dass Sie wirklich all diese Briefe auch bekommen haben und sich der Angelegenheit annehmen.
Mit größter Hochachtung,
Ihre Elisabeth Dorothe Lahusen